AG Köln, 14.02.2012 – 138 C 576/11
LG Köln, 23.10.2012 – 11 S 122/12

BGH Urteil vom 12.09.2013, Az. I ZR 208/12 – Empfehlungs-E-Mail

Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Außenwerbung tätig und betreibt unter anderem eine Internetseite mit der Möglichkeit eine Weiterempfehlung auszusprechen. Dies geschieht, indem ein Dritter seine eigene E-Mail-Adresse und eine weitere E-Mail-Adresse dort eingibt. Daraufhin wird automatisch eine E-Mail über diese Internetseite generiert und an die von dem Dritten angegebene weitere E-Mail-Adresse versandt, welche auf den Internetauftritt der Beklagten hinweist. Bei dem Empfänger der E-Mail wird als Absender die Beklagte angezeigt.

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, erhielt über dieses System – beginnend im Dezember 2010 – mehrere Empfehlungs-E-Mails ohne seine Zustimmung. Erst nach einer Abmahnung und einer weiteren Beschwerde erklärte die Beklagte sich bereit, die E-Mail-Adresse des Klägers für einen weiteren Erhalt der Empfehlungs-E-Mails zu sperren. Trotz dieser Zusage, erhielt der Kläger jedoch weiterhin E-Mails von der Beklagten, die auf deren Internetauftritt hinwiesen sowie acht weitere E-Mails, die als „Test-E-Mails“ bezeichnet waren.

Der Kläger begehrte zunächst erfolglos Unterlassung bei dem zuständigen Amtsgericht. Auch die Berufung vor dem Landgericht wurde zurückgewiesen, da es einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB verneinte. Hierzu führte es folgendes aus:

„Der Unterlassungsanspruch könne nicht auf die im Dezember 2010 und Januar 2011 eingegangenen E-Mails gestützt werden, weil die Beklagte die Funktion der E-Mail-Weitersendung im Februar 2011 umgestellt habe. Danach sei durch den Kläger bis zum Erhalt weiterer E-Mails im September 2011 keine Reaktion erfolgt, so dass die E-Mails bis Januar 2011 als „verbraucht“ anzusehen seien. Wegen der ab September 2011 versandten Empfehlungs-E-Mails bestehe ebenfalls kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagte richte ihre Empfehlungsfunktion an einen engen potentiellen Nutzerkreis, der aus Dritten bestehe, die weitere Personen auf den Netzauftritt der Beklagten aufmerksam machen wollten. Die Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten werde lediglich 200 Mal pro Jahr genutzt. Die Weiterempfehlung könne (nach entsprechender Änderung der Funktion) nicht von automatischen Programmen genutzt werden und die Beklagte unterbinde nunmehr den Versand an E-Mail-Adressen, die sie zuvor in eine „Schwarze Liste“ aufgenommen habe. Das Vorhalten der Empfehlungsfunktion könne daher auch nicht als wettbewerbswidriges Verhalten angesehen werden. Die Beklagte beabsichtige nicht und nehme auch nicht billigend in Kauf, dass es durch missbräuchliches Verhalten Dritter zu einer Verbreitung der Empfehlungs-E-Mails komme. Die Beklagte habe alles jenseits der Abschaffung der Funktion Mögliche getan, um Beeinträchtigungen Dritter zu vermeiden, zumal sie keine Anreize zur Nutzung der Funktion geschaffen habe.

Die Beklagte könne schließlich auch nicht als Störerin im Hinblick auf das unverlangte Zusenden der Empfehlungs-E-Mails angesehen werden.“

Auf die Revision des Klägers entschied der BGH jedoch, dass ihm gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von E-Mails mit werblichen Inhalts gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zustehe. Es liege ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers vor. Die unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung sei betriebsbezogen erfolgt und beeinträchtige den Betriebsablauf des Empfängerunternehmens. Das Versenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten müsse und bei denen ein Widerspruch erforderlich sei, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führe zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 – I ZR 218/07, GRUR 2009, 980 Rn. 10 ff.: WRP 2009, 1246 – E-Mail Werbung II).

Die von der Beklagten an den Kläger versandten E-Mails sind unverlangt zugesandte Werbung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet Werbung alle Maßnahmen eines Unternehmen, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Hierzu gehören auch die Formen der mittelbaren Absatzförderung, wie z.B. Imagewerbung oder Sponsoring. Dies steht im Einklang mit Art. 2 Buchst. A der Richtlinie 2006/113/EG über irreführende und vergleichende Werbung, wonach jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.

Der Umstand, dass die E-Mails aufgrund der Empfehlung eines Dritten versandt wurden, lässt nicht den Werbecharakter entfallen. Vielmehr zielt die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion darauf ab, dass Dritte auf sie und die von ihr angebotenen Leistungen aufmerksam gemacht werden sollen.

Dies stellt auch unter Verwendung von elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eine unzumutbare Belästigung dar und ist aufgrund des unzumutbar belästigen Charakters grundsätzlich rechtswidrig (vgl. BGH, GRUR 2009, 980 Rn. 14 – E-Mail-Werbung II).

Auch wenn die E-Mails nur aufgrund der Auswahl und Eingabe der E-Mailadresse durch einen Dritten versandt wurden, stellen diese einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Es ist lediglich ausschlaggebend, dass der Empfänger in diese Art Werbung nicht eingewilligt hat und sich Praktisch nicht zur Wehr setzen kann (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 7 Rn. 201.).

Schließlich haftet die Beklagte als Täterin, da sie mit Bereitstellung der Empfehlungs-E-Mails auf den Versand dieser zielt und auch als Absenderin dieser E-Mails beim Empfänger erscheint. Hierbei nimmt der BGH an, dass es gerade offensichtlich sei, dass die Weiterleitungsfunktion gerade dazu benutzt wird, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben.