Ein unendliches Thema, welches seit nunmehr Jahren – nicht nur ‑ die Justiz bewegt, sind die so genannten Peer-to-Peer Tauschnetzwerke, wie z.B. Napster, Gnutella, BitTorrent, eDonkey etc. In diesen Netzwerken werden massenhafte Urheberrechtsverletzungen begangen, welche der Musik-, Software-, Spiele-, Film- und Pornoindustrie enorme wirtschaftliche Verluste bescheren, indem die dort angebotenen Lieder, Spiele, Filme etc. durch Down- und Uploads weltweit einer unüberschaubaren Anzahl an Usern zu Verfügung gestellt werden.

Seit Jahren gehen die verschiedenen Industrien – verständlicherweise – hiergegen vor, indem sie Kanzleien beauftragen, die vermeintlichen Verletzer, letztlich die Telekommunikationsanschlussinhaber, abzumahnen. Hieran entbrannte jedoch auch eine immerwährende Diskussion darüber, ob die Industrien den Anschluss an die neuen Medien verpasst hatten und ob auch jeder Download, wie z.B. von alten Dateien, Songs, Spielen etc. auch – ohne Downloadmöglichkeit ‑  gekauft worden wäre.

Vor der letzten Änderung des Urheberrechts gestaltete sich dies schwierig, da die Auskunft über die Zuordnung der jeweiligen IP-Adresse zu einem Telekommunikationsanschluss – mithin zum Inhaber des Anschlusses – zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung, seitens der TK-Anbieter nicht erteilt wurde.

Indem die jeweiligen Urheberrechtsinhaber dann Strafanzeige gegen Unbekannt erstatteten, hatten die jeweiligen Staatsanwaltschaften ein unüberschaubares Mehraufkommen an Fallzahlen. Die Staatsanwaltschaften forderten dann in dem jeweiligen Ermittlungsverfahren die Telekommunikationsanbieter auf die postalische Adresse, welche der IP-Adresse zum Verletzungszeitpunkt zugeordnet war mitzuteilen, was diese dann auch tun mussten.

Da die strafrechtlichen Verfahren dann in der Regel nicht weiterbetrieben wurden, sahen sich einige Staatsanwaltschaften nunmehr als „Handlanger” der jeweiligen Industrien an.

Dem trug der Gesetzgeber Rechnung und reformierte das Urheberrechtsgesetz, in dem ein neuer Paragraph, nämlich § 101 UrhG, aufgenommen wurde:

§ 101 Anspruch auf Auskunft

(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.

(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß

1. rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte,

2. rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm,

3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder

4. nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war,

es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach Satz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer anhängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung des wegen des Auskunftsanspruchs geführten Rechtsstreits aussetzen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über

1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und

2. die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden.

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.

(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.

(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.

(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Durch die Aufnahme dieses Paragraphen haben die Urheber, respektive die Inhaber der Nutzungsrechte der jeweiligen Werke, einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch und der Umweg über die Staatsanwaltschaften wurde obsolet.

§ 101 UrhG gewährt jedoch nicht vorbehaltlos eine Auskunftsverpflichtung, sondern lediglich unter gewissen Voraussetzungen. Die Urheberrechtsverletzung muss in einem gewerblichen Ausmaß erfolgen. Wann dieses erreicht wird, wird von der Rechtsprechung unterschiedlichst beurteilt.

Dies im Wettbewerbsrecht (UWG) im Übrigen schon seit dem Beginn des Betriebes der Internetplattformen, wie z.B. „eBay”.

Hier wird seit Jahren diskutiert, wann ein privater Verkäufer durch wie viele Verkäufe in welchem Zeitraum doch als Gewerblicher einzustufen ist, obgleich er als Privater auftritt. So wurde z.B. Student, welcher seine Plattensammlung auflöste und bei „eBay” veräußerte abgemahnt, da er diverse gesetzliche Vorgaben für Gewerbetreibende im Fernabsatz nicht berücksichtigte und mithin gegen das Wettbewerbsrecht verstieß. Das erkennende Gericht entschied, dass er aufgrund der Vielzahl der Verkäufe in einem kurzen Zeitraum als Gewerbetreibender einzustufen sei und verurteilte ihn

Gleiches wird nun im Rahmen des § 101 UrhG diskutiert. Die letzte Abmahnwelle seitens verschiedener Unternehmen wie z. B. DigiProtect Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien mbH, Frankfurt am Main, verschärft die Diskussion, lässt aber auch langsam eine Tendenz in der Rechtsprechung erkennen.

Die DigiProtect Gesellschaft zum Schutze digitaler Medien mbH lässt in den letzten Monaten eine Vielzahl von Abmahnungen z. B. wegen Down- und/oder Uploads des Songs „Infinity 2008″ von Guru Josh versenden.

Vielfach wurde entweder ausschließlich dieser Song downgeloaded oder aber er war auf einer Compilation „101 Housework Songs” enthalten.

Da der § 101 UrhG aber lediglich bei Vorliegen eines gewerblichen Ausmaßes Anwendung findet, hätten in zahlreichen Verfahren die Auskünfte seitens der Provider/Gerichte im Antragsverfahren nicht erteilt werden dürfen.

So entschieden zuletzt das Landgericht Kiel, Beschluss v. 06.05.09, 2 O 112/09 und das Landgericht Köln, Beschluss v. 30.04.09, 9 OH 388/09, dass bei lediglich einem Down- und/oder Upload eines Liedes ein gewerbliches Ausmaß nicht per se vorliegen würde, auch nicht im Rahmen von Peer-to-Peer-Netzwerken.

Vielmehr stellten beide Gerichte auf den Nachfragewert des jeweiligen Produktes sowie auf den Zeitraum zwischen Veröffentlichung und Down- und/oder Upload des Songs ab. Das Landgericht Köln urteilte aus, dass nach Ablauf von 6 Monaten seit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung und dem Down- und/oder Upload des Songs ein gewerbliches Ausmaß einer Rechtverletzung nicht mehr in Betracht käme. Ähnlich argumentierte das Landgericht Kiel in seiner Entscheidung.

Soweit Gerichte dies teilweise anders beurteilen steht eine höchstrichterliche Entscheidung noch aus.

Grundsätzlich sollte jedoch jede Abmahnung ernst genommen und nicht wie vielfach in Internetforen zu lesen ist, ignoriert werden. Denn sollte die Abmahnung berechtigt sein und eine Unterlassungserklärung, respektive eine modifizierte Unterlassungserklärung nicht abgegeben werden, folgt in der Regel eine Einstweilige Verfügung seitens des Gerichts ohne, dass der Verletzer vor deren Erlass angehört worden ist.

Wir beraten Sie ‑ aufgrund unserer Spezialisierung in urheberrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen und markenrechtlichen Angelegenheiten ‑ kompetent und unverzüglich, sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben.