(Teil 2 der Reihe Urheberrechtsgesetz)
Grundsätzlich ist die Voraussetzung für einen urheberrechtlichen Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz das Vorliegen eines Werkes (§ 2 Abs. 2 UrhG; siehe vorangegangener Beitrag „Der Werkbegriff des Urheberrechts – Teil 1 der Reihe Urheberrechtsgesetz“). Demnach fallen zunächst nur persönliche geistige Schöpfungen in den Anwendungsbereich des Urheberrechtsgesetzes. Alltägliche Schöpfungen oder sonstige Kreationen, die keine Schöpfungshöhe erreichen, sind prinzipiell ausgeschlossen.
Dem liegt zugrunde, dass derjenige, der kreativ beziehungsweise künstlerisch tätig wird, über seine Schöpfung frei verfügen soll. Dies schließt die Möglichkeit ein, andere von der Nutzung auszuschließen, das Werk finanziell zu verwerten und in sonstiger Weise daraus Nutzen zu ziehen.
Beispielhaft sei in diesem Sinne eine Fotografie genannt, welche durch eine besondere Komposition sowie Auswahl der Licht- und Motivverhältnisse über den alltäglichen Schnappschuss hinausgeht. Es steht nicht lediglich das Motiv im Vordergrund, sondern die gestalterische Anfertigung dieser Aufnahme, welche Schöpfungshöhe erreicht. Eine solche Fotografie wäre als Werk des Fotografen im Sinne des Urheberrechtsgesetzes schutzfähig.
Dem Fotografen steht es damit zu, in der oben genannten Weise darüber zu verfügen.
Anders verhält es sich in der Regel bei Passfotos oder einfachen Produktfotos, da diese schlicht der Information oder Darstellung dienen. Derartige Aufnahmen sind gewissermaßen als „handwerklich“ erstellte Fotos zu betrachten. Mangels künstlerischer oder individueller Gestaltung genießen sie deshalb keinen urheberrechtlichen Schutz.
Gleichwohl ist auch die Arbeit eines Produkt- oder Passfotografen mit besonderem Aufwand verbunden. Unabhängig davon, ob das jeweilige Bild den Anforderungen des „Werkbegriffs“ im Sinne des Urheberrechts genügt, besteht aufgrund der Arbeitsleistung ein berechtigtes Interesse des Fotografen, über die Aufnahmen bestimmen zu können und diese zu verwerten.
Darüber hinaus wird der Fotograf die Aufnahme regelmäßig als „sein Bild“ bezeichnen und kaum seiner Tätigkeit weiter nachgehen, wenn das Produkt schutzlos zur freien Verfügung steht.
Deshalb genießt eine solche Fotografie, die kein Werk ist, den „Schutz der Lichtbilder“.
Falsch ist deshalb die Annahme, dass man mit Passfotos vom Fotografen so verfahren kann, wie es einem beliebt. Vielmehr stehen dem Fotografen Rechte aus dem „verwandten Schutzrecht“ zu.
Verwandte Schutzrechte sind Teil des Urheberrechtsgesetzes und räumen Rechte für Schaffende und Organisatoren ein, deren Tätigkeit zwar nicht zu einem „Werk“ führt, dem Schaffensprozess eines Urhebers allerdings ähnlich ist oder in engem Zusammenhang zum Schutzgedanken des Urheberrechts steht. Es handelt sich deshalb weitestgehend um Tätigkeiten, die unter die Kategorien Literatur, Wissenschaft und Kunst gem. § 1 UrhG gefasst werden können.
Der Schutz resultiert dabei nicht aus der gestalterischen Besonderheit einer Schöpfung, sondern aus der erforderlichen Gewandtheit, der organisatorischen Tätigkeit oder einer eigenen Schaffenshandlung – mithin aus der jeweiligen Leistung.
Die verwandten Schutzrechte werden im Urheberrechtsgesetz abschließend aufgezählt. Es bietet sich dabei an, eine Kategorisierung nach der jeweils schutzwürdigen Leistung zu vollziehen.
Im Bereich der eigenen Schaffenshandlung:
- Schutz wissenschaftlicher Ausgaben, § 70 UrhG
- Schutz der Lichtbilder, § 72 UrhG
- Schutz des ausübenden Künstlers, §§ 73 ff. UrhG
Im Bereich der Gewandtheit oder organisatorischer Tätigkeit:
- Schutz nachgelassener Werke, § 71 UrhG
- Schutz des Veranstalters, §§ 81 ff. UrhG
- Schutz des Tonträgerherstellers, §§ 85 f. UrhG
- Schutz des Sendeunternehmens, § 87 UrhG
- Schutz des Datenbankherstellers, §§ 87a ff. UrhG
- Schutz des Presseverlegers, §§ 87f ff. UrhG
- Schutz des Filmherstellers, § 94 UrhG
- Schutz der Laufbilder, § 95 UrhG
Der Schutz des Sendeunternehmens ergibt sich beispielsweise aus der organisatorischen und technischen Vorarbeit, welche sich insbesondere in einem erheblichen Geldaufwand niederschlägt. Um eine solche Tätigkeit rentabel zu gestalten ist es deshalb wichtig, dass ein entsprechender Schutz besteht.
Zur Herstellung einer Datenbank ist in der Regel eine zeit- und kostenaufwändige Recherche- und Sortierarbeit erforderlich. Darüber hinaus ist die Bereitstellung der Daten mit weiteren Investitionen verbunden. Deshalb bedarf es auch hier eines Schutzes, welcher es dem jeweils Tätigen ermöglicht, sein Erzeugnis zu verwerten.
Dennoch werden im Rahmen der verwandten Schutzrechte dem jeweiligen Rechteinhaber regelmäßig nicht alle Rechte eingeräumt, die das Urheberrechtsgesetz beinhaltet. Vielmehr werden in den Normen zum jeweiligen Schutzrecht die Rechtspositionen aufgezählt, welche dem Schutzrecht zugeordnet werden. Auch ein reiner Verweis auf das urheberrechtliche Äquivalent ist denkbar, wenn das Geschaffene einem „Werk“ sehr nahekommt (vgl. § 72 Abs. 1 UrhG – entsprechende Anwendung der Vorschriften zu Lichtbildwerken auf Lichtbilder). Allgemein lässt sich diesbezüglich anmerken, dass sich der Schutz nach der Reichweite und dem Schwerpunkt der schutzbegründenden Tätigkeit richtet. Dies ist insbesondere damit zu begründen, dass die Intensität der persönlichen Verbindung zwischen dem Inhaber des Schutzrechtes und seinem geschützten Erzeugnis, je nach Schutzrecht, erheblich variiert. So bleibt auch die Schutzdauer regelmäßig hinter der des Urheberrechts (§ 64 UrhG, 70 Jahre ab Tod des Urhebers) zurück.
Zu klären bleibt jedoch die Frage, wer die jeweiligen Rechte überhaupt geltend machen kann.
Hinsichtlich eines „Werkes“ ergibt sich der Inhaber des Urheberrechts aus § 7 UrhG, wonach „[der] Urheber […] der Schöpfer des Werkes [ist]“.
Hinsichtlich der verwandten Schutzrechte ist eine Zuordnung komplizierter, da grundsätzlich weder eine Schöpfung vollzogen wurde, noch ein Werk vorliegt.
Einige der Schutzrechte weisen bereits durch ihre Bezeichnung den jeweiligen Schutzinhaber aus (bspw. „Schutz des ausübenden Künstlers“, „Schutz des Tonträgerherstellers“). Andere stellen das jeweilige Erzeugnis in den Vordergrund (bspw. „Schutz der Lichtbilder“). Generell stehen die jeweiligen Rechte aber stets demjenigen zu, der die maßgebliche schutzbegründende Tätigkeit tatsächlich ausführt oder den jeweiligen Aufwand betreibt. Eine Konkretisierung der Tätigkeit und des jeweils Geschützten ist der Norm bezüglich des jeweiligen Schutzrechts zu entnehmen.
So stehen die Rechte aus dem „Schutz des Datenbankherstellers“ demjenigen zu, „[…] der die Investition […] vorgenommen hat“ (§ 87a Abs. 2 UrhG). Inhaber der Rechte aus dem „Schutz der Lichtbilder“ ist der Lichtbildner (§ 72 Abs. 2 UrhG), also der Fotograf.
Bei den eingeräumten Rechten handelt es sich gleichwohl nicht um ein „gekürztes Urheberrecht“, sondern um einen Schutz anderer Art. Dies begründet sich daraus, dass die schutzbegründende Handlung eine andere ist als beim Schöpfer eines Werkes. Letzterer erhält seinen Schutz aus der Individualität seiner gestalterischen Tätigkeit, während die verwandten Schutzrechte regelmäßig die Erstellungsprozesse oder Organisationshandlungen betreffen.
Gerade in diesen Bereichen ist das Verständnis für den Schutz aber regelmäßig gering. Sofern etwas Geschaffenem keine besondere Individualität innewohnt neigt die Allgemeinheit dazu, es als frei verwendbar und verwertbar anzusehen – unabhängig davon, mit welchem Aufwand der Schaffensprozess gegebenenfalls verbunden war. Problematisch ist dies insbesondere in Anbetracht der schnellen und unübersichtlichen digitalen Vervielfältigungsmöglichkeiten. Umso bedeutender ist deshalb die gesetzliche Verankerung der verwandten Schutzrechte und deren Verortung an der Seite des Urheberrechts. Dadurch wird deutlich, dass Schaffende, unabhängig davon, welches Maß an Individualität sie bei ihrer Arbeit an den Tag legen, schutzwürdig sind und so gestellt werden sollen, dass ihre Arbeit entsprechende finanzielle Würdigung erfährt.
Eine Darstellung der konkreten Verwertungsmöglichkeiten und Rechte der Urheber und Inhaber verwandter Schutzrechte erfolgt in einem weiteren Beitrag.